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Allgemein

Was Firmen von der Luftfahrt lernen können

16. Dezember 2022
4 Min.
Von unserer Gastautorin Dr. Consuela Utsch

Ein Pilot muss sich auf korrekte Daten verlassen können – ansonsten droht unter Umständen ein Flugzeugabsturz. Auch für Unternehmen ist Data Governance – die Datenkontrolle – wichtig, um nicht in Schieflage zu geraten. Doch wie sieht eine gute Data-Governance-Strategie aus?

In der Luftfahrt sind aktuelle, eindeutige und genaue Daten für einen sicheren Ablauf des Verkehrsgeschehens unerlässlich. Denn ein Flugzeug kann eventuell mit falschen Daten fliegen, aber es ist fraglich, wie gut und vor allem wie lange. Mit falschen Daten ist ein erhebliches Sicherheitsrisiko verbunden. Als Unternehmer drängt sich eine Analogie auf: „Fliegt“ mein Unternehmen mit falschen Daten und wenn ja – wie lange? Ich behaupte, dass wir im Daily Business viel zu oft mit Daten operieren, die nicht der Qualität genügen, die wir eigentlich brauchen, damit unser Unternehmen funktioniert.

Damit wir ein konkretes Bild davon haben, was Data Governance eigentlich bedeutet und warum es so wichtig ist, werfen wir kurz einen Blick ins Airliner-Cockpit: In der Flugvorbereitung stellen Pilot und Co-Pilot beispielsweise sicher, dass die richtigen Daten im Flight-Management-System (FMS) geladen sind. Das FMS ist ein Hilfsmittel für die Flugbesatzung: Es hilft beispielsweise bei der Flugnavigation oder beim Berechnen und Programmieren des Sinkens und Steigens des Flugzeugs.

Vor dem Abflug müssen Pilot und Co-Pilot einige Checklisten abarbeiten. Das kostet zwar Zeit, aber damit kann sichergestellt werden, dass das Flugzeug richtig konfiguriert ist und die von der Verkehrskontrolle zugewiesene Abflugroute abgeflogen wird.

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Unsere Gastautorin Dr. Consuela Utsch ist Geschäftsführerin der Unternehmensberatung Acuroc Solutions. Das Beratungshaus wurde bereits mehrfach mit dem TOP CONSULTANT-Siegel ausgezeichnet.

Regeln und Verantwortlichkeiten festlegen

Im Cockpit werden einige Maßnahmen getroffen, um die korrekte Verwendung der Daten zu gewährleisten: Database-Validities, Checklisten und Vier-Augen-Prinzip und vieles mehr. Nicht bewusst unter dem Titel „Data Governance“, aber konsequent mit dem Ziel, ein sicheres Rahmenwerk zu schaffen. In der Luftfahrt hat sich so ein stabiles Kontrollsystem etabliert, welches Tag für Tag einen reibungslosen Ablauf garantieren soll. Die wesentlichen Handlungsfelder von Data Governance sind dabei:

  1. Es bestehen Regeln für den Umgang mit Daten: Briefings, Checklisten, Vier-Augen-Prinzip.
  2.  Die Datenverantwortung in der Organisation ist etabliert: die Art und Bedeutung der Daten ist bekannt, ebenso deren Speicherort. Es bestehen klar definierte Prozesse, wie mit den Daten verfahren wird.
  3. Es sind Verantwortlichkeiten, insbesondere in den Fachabteilungen, definiert: regelmäßige Aktualisierungs-Zyklen, wer darf editieren, wer darf nur lesen, wer ist für die Bereitstellung der Daten verantwortlich und wer verwendet die Daten.

Diese Maßnahmen zusammen ermöglichen es, die Verwendung der Daten zu planen, zu überwachen und zu steuern und immer auf aktuelle Daten hoher Qualität zugreifen zu können.

In vielen Unternehmen fehlt die Datentransparenz

Wenn ich an meine unternehmerischen Erfahrungen denke, so fällt mir auf, dass es diese datenbezogene Transparenz an vielen Stellen gar nicht gibt. Als Gegenargument kann man jetzt anführen: In der Fliegerei ist es sehr wichtig, dass die Daten korrekt sind, weil Menschenleben davon abhängen. Für normale Unternehmen sei der Aufwand für Data Governance viel zu hoch.

Ich verstehe diesen Einwand, aber: Die Folgen schlechter Daten fürs Unternehmen sind zwar weniger offensichtlich und greifbar als in der Luftfahrt. Unser Unternehmen funktioniert auf den ersten Blick trotzdem, aber wir merken früher oder später, dass wir mit datenbezogenen Prozessen immer mehr Mühe haben, weil wir kein System etabliert haben, welches die Grundregeln für den Umgang mit Daten definiert. Die Folgen für das Unternehmen sind dann unter anderem falsche Auswertungen, eine nur teilweise belastbare Strategie oder Fehleinschätzungen der Kundenwünsche. Zudem können Abläufe schlecht oder gar nicht automatisiert und digitalisiert werden, und es sind immer wieder aufwendige und teure Einzelfallbetrachtungen notwendig. Und: Die Gründe für rückläufige Gewinne bleiben teilweise im Dunkeln.

Data Governance dynamisch organisieren

In der Luftfahrt hat sich die Data Governance dynamisch entwickelt und sie entwickelt sich auch immer noch weiter. Ebenso dynamisch sollten Sie Data Governance in Ihrem Unternehmen handhaben. Um einen ersten Anhaltspunkt zu erhalten, welche Mittel und Maßnahmen in welchen Bereichen der Data Governance schon etabliert sind, ist eine Reifegradbeurteilung aller datenrelevanten Bereiche sinnvoll.

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Mit der Reifegradbeurteilung kann abgeschätzt werden, wie es aktuell um die Data Governance im Unternehmen bestellt ist.

Darauf basierend lässt sich ein Konzept und eine Umsetzungs-Roadmap erarbeiten, um die Data Governance gemäß den Prioritäten aus der Reifegradbeurteilung heraus auszubauen. Wichtig ist dabei eine fundierte Ressourcenplanung, um den Aufbau einer guten Data Governance neben dem Daily Business realistisch abzubilden. Weiter empfiehlt sich ein agiles Vorgehen, um den Fortschritt anhand des Reifegrads zu überprüfen, Prioritäten neu zu bewerten und weitere Maßnahmen zu planen.

Fazit

Was meinen Sie – wie gut „fliegt“ Ihr Unternehmen? Stecken Sie genug Aufwand in die Data Governance, um sicherzustellen, dass Ihre Daten korrekt verwendet werden? Oder nutzen Sie möglicherweise die falschen Daten und haben die falsche Abflugroute, sprich Strategie, geplant?