Die Golden Gate Bridge
FIELD TRIP

Silicon Valley – eine TOP 100-Reise in das Innovationsmekka

15. bis 21. März ’21

Heraus aus dem Alltag und hinein ins Silicon Valley: Eine Gruppe von TOP 100-Unternehmern hat fünf Tage lang das kalifornische „Innovationsmekka“ besucht. Die Coronavirus-Krise warf zwar bereits ihre Schatten voraus. Die Teilnehmer sorgten aber dafür, dass der Field Trip trotzdem zu einem Erfolg wurde.

Schon die Vorbereitung verlangte wegen der Auswirkungen des Coronavirus allen Teilnehmern viel Flexibilität ab. Vor Ort gingen sie dann auf Erkundungstour bei den Big Shots wie Google, Facebook und Apple, aber auch in der Start-up-Szene. Gesucht waren Einblicke in die Kultur und die Art zu denken sowie in die Gestaltung der Arbeitsbedingungen und des Umfelds. Kurzum: Was macht den Erfolg der Unternehmen im Silicon Valley aus?

All dies ließ sich sehr anschaulich beim Plug and Play Tech Center, dem größten Accelerator („Start-up-Beschleuniger“) weltweit, entdecken. Das 2006 im kalifornischen Sunnyvale gegründete Unternehmen ist an über 30 Standorten weltweit vertreten. Das Ziel der Firma ist es, Unternehmen und Start-ups zusammenzubringen. Denn großen Unternehmen fehlen häufig der Überblick über die Start-up-Szene ihrer Branche und die notwendigen Kontakte. Hier setzt Plug and Play an: Der Accelerator verschafft Unternehmen Zugang zu passenden Start-ups. Zugleich fördert er Start-ups.

Auf schickes Design und großen Pomp wird hier augenscheinlich nicht viel Wert gelegt. Eher altbacken mutet das Gebäude an. Worauf es hier ankommt, sind das Netzwerk und die Kontakte. Zahllose Partnerlogos sind an den Wänden zu finden: eine eindrucksvolle Liste der ehemaligen geförderten Start-ups, zu denen auch einige Unicorns gehören – also ehemalige Startups, die von Investoren mit mindestens einer Milliarde US-Dollar bewertet werden („Einhörner“) – und Mega-Unternehmen wie Google oder PayPal.

Zu Besuch bei Plug & Play
© Kerstin Riedmüller
Zu Besuch bei Plug and Play: Hier präsentieren Jungunternehmer ihre Ideen.

Selbstredend gibt es bei Plug and Play auch einen vollen Tageskalender mit anstehenden Pitches, also Terminen, bei denen Jungunternehmer mit Leidenschaft ihre Ideen präsentieren. Es herrscht ein reges Kommen und Gehen. Wem es gelingt, erfolgreich zu „pitchen“, der hat hervorragende Aussichten. Hier liegt sicher eine der Stärken der Akteure im Valley: Mit Leidenschaft, Begeisterung und Zuversicht verfolgen sie ihre Ideen und präsentieren sie erfolgreich. Damit verbunden ist der leichtere Zugang zu Kapital und zu entsprechenden Strukturen, wie zum Beispiel die Unterstützung durch Acceleratoren.

Es muss übrigens nicht immer die eigene Idee sein, um im Valley erfolgreich zu sein. Viele Firmen, so auch das besuchte Start-up Cryptowerk, gewinnen neue Mitarbeiter, indem sie diese am Unternehmen beteiligen. Das ist nichts Ungewöhnliches, ein Höchstmaß an Engagement und Identifikation ist damit gesichert.

Leben und Arbeiten als eine Einheit

Wieder anders stellt sich die Situation beim Tech-Riesen Google dar. Im Gespräch mit einem Mitarbeiter auf dem Googleplex-Areal in Mountain View, das mit seinen vielen Google-Fahrrädern und Beachvolleyballfeldern eher wie ein Uni-Campus als ein Konzerngelände anmutet, wird deutlich: Leben und Arbeiten bilden hier eine Einheit. Der Google-Pendelbus bringt die Mitarbeiter aus ihren Wohnungen in San Francisco und Umland nach Mountain View. Wer möchte, kann auf der Fahrt schon arbeiten, die Busse sind mit W-Lan ausgestattet. Frühstücken können die Mitarbeiter im Unternehmen, ebenso gibt es Mittag- und Abendessen – alles kostenfrei. Dasselbe gilt für die Massage oder den Friseurbesuch.

Das alleine sind wohl keine Kriterien, die den Ausschlag für einen Arbeitgeber geben, aber ohne diese Serviceleistungen können die Big Shots der Digitalisierung sich nicht auf dem Arbeitgebermarkt behaupten. Offensichtlich ist: Arbeit und Freizeit lassen sich kaum mehr trennen. Der Arbeitsplatz wird zur Familie. Teil der Familie zu werden, setzt allerdings einen Hürdenlauf voraus. Vier bis fünf Interviews werden mindestens geführt, bis man am Ziel ist. Dann kann es aber auch ganz schnell gehen. Eine Gesprächspartnerin erzählte, wie sie ganz kurzfristig zum letzten Interview gerufen wurde und sich nicht mehr umziehen konnte. Trotz Shorts erhielt sie einen Arbeitsvertrag.

zu Besuch bei Google
© Kerstin Riedmüller
Die TOP 100 vor dem Google Gebäude
© Kerstin Riedmüller

Google und die 20-Prozent-Regel

Innovation wird großgeschrieben, nach wie vor auch bei den großen Playern: So pflegt Google die 20-Prozent-Regel. Das heißt, die Mitarbeiter können 20 Prozent ihrer Arbeitszeit frei gestalten und sich neuen Ideen widmen. Besonders wichtig auch hier: der Austausch. Mitarbeiter werden ermutigt, sich mit Kollegen aus anderen Abteilungen beim Essen, an der Kaffeemaschine oder beim Sport auszutauschen. Bei Google sind aus diesem Grund sogar die Kaffeemaschinen entsprechend kalibriert. Ein Kaffee dauert drei Minuten, das bietet mehr Zeit, miteinander zu sprechen. Dieser permanente Dialog, diese Vernetzung ist ebenfalls Teil des Erfolgsrezepts der Bay Area.

Ganz ähnlich stellt sich die Situation bei Facebook dar. Aufgrund der aktuellen Lage war hier kein Besuch des Unternehmens möglich, aber das Gespräch wurde per Conference-Call geführt. Auch bei Facebook steht neben einem kreativen Arbeitsumfeld der Austausch der Mitarbeiter im Fokus. Die Freiheit, sich eigenen Themen und Projekten widmen zu können, hebt unser Gesprächspartner als einen wesentlichen Aspekt für den Erfolg hervor.

Ein weiterer Programmpunkt war der Foresight-Workshop mit Mario Herger, einem Innovationsexperten vor Ort. Hier waren die Teilnehmer aufgefordert, sich selbst stärker einzubringen. Auf spielerische Art erarbeiteten die Unternehmer Zukunftsszenarien für die eigenen Unternehmen.

Das Thema Künstliche Intelligenz (KI) ist im Valley sehr präsent. Ein Vertreter der renommierten Stanford University hielt darüber einen Vortrag. Sein Rat an Unternehmer, die sich noch nicht intensiv mit dem Thema KI beschäftigen: „Führt einen Case-of-the-Week ein.“ Das heißt, einmal pro Woche sollte ein KI-Fall im Unternehmen vorgestellt und versucht werden, eine Lösung für diesen zu finden.

Viel Fluktuation, viel Zusammenarbeit

Auffällig war, dass im Silicon Valley eine hohe Agilität herrscht. Trotz der für Europäer eindrucksvollen Benefits gibt es im Silicon Valley eine außerordentlich hohe Fluktuation. Die Verweildauer in Unternehmen ist erheblich kürzer als in europäischen Unternehmen. Im extremen Fall kann ein Mitarbeiter ein Unternehmen am Morgen verlassen und am Nachmittag bei einem anderen beginnen. Auch das führt zu immer wieder neuen Verbindungen und Kontakten, die das System prägen. Der Fokus liegt auf Kommunikation und Gedankenaustausch untereinander. Das gilt auch für die Start-ups, beispielsweise in Co-Working-Spaces, oder bei zahlreich stattfindenden öffentlichen Diskussionen oder Vorträgen.

In diesem vielseitigen Zusammenspiel wird viel probiert – und es geht durchaus auch mal etwas schief. Aber die Fehlerkultur ist eine gänzlich andere. Fehler sind eher erwünscht, denn sie dienen dem Lernerfolg. Scheitern ist kein Makel, sondern wird als Chance begriffen und dient dem Fortschritt.

Die Bevölkerung im Silicon Valley ist ausgesprochen heterogen. Nahezu alle Menschen sind zugezogen, nur circa die Hälfte der Bevölkerung spricht Englisch im eigenen Haushalt. Auch diese Heterogenität ist ein Baustein des Erfolgs. Und das hat auch unsere Gruppe, bei der Prof. Dr. Nikolaus Franke, wissenschaftlicher Leiter von TOP 100, ebenfalls dabei war, unter Beweis gestellt: Die Teilnehmer kamen aus lauter verschiedenen Branchen. Es entstand ein intensiver, fruchtbarer Austausch untereinander – und gerade so sorgten die Teilnehmer dafür, dass der Field Trip ein Erfolg wurde.

Die TOP 100 vor der Golden Gate Bridge
© Kerstin Riedmüller
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