FIELD TRIP

Eine Reise ins Epizentrum der Innovation

Das Silicon Valley gilt als Epizentrum für Innovation und Inspiration, seine Anziehungskraft ist ungebrochen. Und das nicht ohne Grund: Hier finden sich die bedeutendsten Unternehmen der Tech- und der Digital-Industrie ebenso wie zahllose Start-ups. Google, Airbnb, LinkedIn – die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Von der bemerkenswerten Kultur, die durch Offenheit, die Bereitschaft zur Kooperation und eine positive Haltung geprägt ist, lässt sich einiges lernen. Im September 2022 hatten die TOP 100-Unternehmer die Gelegenheit, den besonderen Geist des Silicon Valley selbst zu erleben.

Nach mehr als zwei Jahren Pause aufgrund von Pandemiebeschränkungen unternahmen Unternehmerinnen und -Unternehmer erneut einen TOP 100-Field Trip ins Silicon Valley. Die Nachfrage war riesig, die verfügbaren Plätze waren schnell vergeben. Ein dichtes Programm lieferte den Teilnehmern Einblicke in unterschiedlichste Bereiche des Valleys.

Keimzelle des Silicon Valley: Stanford University

Die Keimzelle des Silicon Valley ist die Stanford University, die wie eine Kleinstadt anmutet. Studierende werden hier zum Unternehmertum angeregt und ermutigt, Neues zu probieren. Flache Hierarchien und eine besondere Offenheit befördern den Innovationsgeist, wie im Gespräch zwei Fakultätsmitglieder und die Studentin Selina Yogeshwar berichteten.

Stanford bringt die meisten Nobelpreisträger weltweit hervor, Absolventen müssen sich keine Gedanken über ihre weitere Karriere machen, die Verträge haben sie oft schon lange vor dem Studienabschluss in der Tasche. Möglich ist dies durch eine enge Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft, schon früh absolvieren Studierende Praktika in Unternehmen und Kontakte werden gepflegt. Zudem wird auch nach Studienabschluss eine enge Verbindung zwischen Alumni und Universität gepflegt. Dies spiegelt sich auch im Budget wider. Viele Absolventen werden erfolgreiche Unternehmer und spenden ihrer Alma Mater entsprechend großzügig.

Ausflug ins Metaverse

Das Valley ist geprägt von zahlreichen Start-ups. Dirk Lüth, ehemaliger Mitgründer der Financial Times Deutschland, stellte den Teilnehmern der TOP 100-Reise sein jüngstes Projekt vor, das Metaverse „upland.me“ – eine virtuelle Welt als Nachbildung der Realität. Zum Beispiel können die Spieler virtuell Grundstückskäufe, Autos, Sportplätze und andere Assets erwerben oder produzieren, und auch damit handeln – mit anderen Spielteilnehmern.
Das Spiel ist blockchain-basiert und arbeitet mit eigenen Währungen. Kooperationen mit namhaften Sportclubs, Autoherstellern und weiteren Key-Playern sind aktuell in Verhandlung. Mittlerweile bewegen sich einige Unternehmen bereits ausschließlich in dieser virtuellen Welt und erwirtschaften damit Umsätze. Upland.me wird auch als Experimentierlabor von realen Unternehmen genutzt. Auf die Frage, was der Antrieb für diese Gründung ist, antwortet Dirk Lüth: „Weil es Spaß macht, Neues zu schaffen, kreativ zu sein.“ – ein typisches Silicon Valley Mind-Set.

Amazon mischt mit Zoox die Branche auf

Äußerst präsent auf San Franciscos Straßen sind die autonomen Fahrzeuge des Herstellers Zoox, der mittlerweile zu Amazon gehört. Zoox ist neben Waymo (Google) und Cruise (GM) einer der Hauptakteure am Markt. Senior Manager Julian Bartsch lieferte Einblicke: Geplant ist ein Robotaxi mit Elektroantrieb und ohne Lenkrad. Nach derzeitiger Kalkulation wird die Fahrt mit einem Zoox-Robotaxi ein Zehntel des Preises eines herkömmlichen Taxis kosten. Sollte Zoox erfolgreich in den Markt eintreten, bedeutet das für den Personenverkehr eine disruptive Innnovation und dürfte nicht nur für den Fahrdienst Uber zur Bedrohung werden.

Auf der Ranch des KI-Wunderkindes

Mit Richard Socher trafen die TOP 100-Unernehmer auf dessen Ranch einen weiteren außergewöhnlichen Gründer, der zugleich einer der bekanntesten KI-Erklärer ist. Der gebürtige Dresdner hat eine beachtliche Karriere hinter sich. Er war KI-Experte bei Salesforce und lehrte zuvor als außerordentlicher Professor an der Stanford University. Das von ihm gegründete Start-up MetaMind wurde von Salesforce übernommen.
Sein jüngstes Unternehmen: die Suchmaschine you.com, die laut Socher das Potential hat, Google herauszufordern. Nutzer von you.com haben stärkeren Einfluss auf das Suchergebnis, indem sie Quellen gliedern und ihre Relevanz selbst definieren können. Es gibt keine Verbindung zu großen Konzernen, sodass auch Plattformen weniger bekannter Anbieter gleichrangig präsentiert werden. Zudem lebt you.com nicht vom Verkauf von Werbung.
Mehr Privatsphäre und mehr Autonomie für den Nutzer sind die großen Ziele dieses Ansatzes. Rahmenbedingungen für solche Erfolgsgeschichten sind die deutlich geringere Regulierung in den USA sowie der einfachere und schnellere Zugang zu Venture Capital, insbesondere im Silicon Valley.

Ohne Mission und Teamgeist kein Venture Capital

Die Kapitalbeschaffung ist eine essenzielle Komponente für viele Erfolgsgeschichten im Valley. Venture Capital ist hier deutlich einfacher zugänglich und in größerer Menge verfügbar als beispielsweise in Deutschland. Wie das nötige Kapital für die zahlreichen Ideen beschafft werden kann, erläuterte Venture-Capitalist Mani Honigstein im Gespräch. Er ist ein Mikro-Venture-Capitalist und investiert in frühen Phasen der Unternehmensgründung. Honigstein fokussiert sich auf Start-ups aus dem Softwarebereich. Seine Erfahrung zeigt: Gründer, die zum zweiten oder dritten Mal ein Unternehmen ins Leben rufen, sogenannte Serial Entrepreneurs, sind deutlich erfolgreicher als Erstgründer.
Bewerber für Kapital sollten „mission-driven“ sein, das heißt ihre Mission mit Leidenschaft vertreten. Auch der Team-Spirit ist wichtig. Ein starkes Team ist für Honigstein bei seiner Entscheidung letztlich sogar bedeutsamer als die Due-Diligence. Der Kapitalgeber arbeitet eng mit der Standford University zusammen und versteht sich nicht als Kontrolleur der Start-ups, in die sein Fonds investiert, und greift auch nicht in die Unternehmensführung ein. Sofern gewünscht, steht er aber als Ratgeber bereit.

Zu Gast beim IT-Riesen Google

Beim IT-Riesen Google berichtete Software-Entwicklerin Katrin Tomanek über eines ihrer derzeitigen Projekte: die Entwicklung eines Sprachassistenten für Menschen mit einer Sprachbehinderung mittels Machine-Learning. In Fällen, in denen selbst ein Mensch nicht versteht, was Menschen mit Sprachbehinderung sagen, versteht die Maschine sie.
Die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen ist, wie sich beim Besuch zeigte, beeindruckend – wer möchte nicht die Welt verbessern? Denn genau diesen Anspruch formulieren Google und sein Mutterkonzern Alphabet. Deutlich wurde bei der Visite auch die Diversität im Team, die die Kreativität fördert.

Einblicke beim Netzwerkexperten LinkedIn

Bei der Microsoft-Tochter LinkedIn erhielten die Teilnehmer Einblicke in Strukturen und Arbeitsweise des Unternehmens. Impulse zur Innovation kommen von oben wie von unten bei LinkedIn. So werden unterschiedliche Themen von der Geschäftsleitung zur Bearbeitung in die Bereiche gegeben, zum Beispiel das Thema Remote Work. Aber auch die Projektmanager geben Innovationsthemen an die Geschäftsleitung. Auffallend ist hier, dass der Mutterkonzern Microsoft sich sehr zurückhält und LinkedIn sehr viel Freiheit lässt.

Gespräch mit CCO von Intel

Ein weiteres Highlight war das Gespräch mit Christoph Schell, Chief Customer Officer von Intel. Der Chip-Riese wird auch das „Headquarter des Silicon Valley“ genannt. Ohne Intel hätte das Silicon Valley seinen Namen wohl nicht erhalten.
Auch Intel befindet sich in einem starken Wandel. Während zuvor Kundenzentrierung und die Chipproduktion für Laptops und PCs im Fokus standen, richtet sich das Unternehmen nun verstärkt auch auf die Themen Gaming, Daten-Center und Künstliche Intelligenz aus. Schell, der in beiden Welten – Europa und den USA – zu Hause ist, wies auf die kulturellen Unterschiede hin. Im Silicon Valley sei es kein Problem, auch wieder in die Rolle des Underdog zu schlüpfen, hier wolle man immer wieder neu durchstarten.

Spannende Einblicke und ein tolles Netzwerk

Bei der von Prof. Dr. Nikolaus Franke, dem wissenschaftlichen Leiter von TOP 100, moderierten Abschlussrunde der Reise zeigten sich die Teilnehmer beeindruckt von der Dynamik, Agilität und Schnelligkeit, mit der im Valley agiert wird. Die Wahrnehmung von Fremdkapital sei im Silicon Valley eine ganz andere, es sei deutlich mehr als ein notwendiges Übel, äußerte sich ein Teilnehmer. „Offenheit und Optimismus führen dazu, auch mal ganz neue Dinge auszuprobieren, ohne genau zu wissen, was herauskommt“, hielt Franke fest. „Wir müssen manchmal einfach größer denken“, resümierte ein Teilnehmer.
Von Offenheit und Vertrauen war aber auch das Miteinander der Teilnehmer geprägt, was zu einem intensiven Austausch und einem Netzwerk geführt hat, das sicher über den Field Trip hinaus tragen wird.

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Anna Riedl-Strasser

Projektberatung

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